Foto: Patrick Gawlik

Es ist schon irgendwie kurios, dass ein Konzert an einem Dienstagabend um 18 Uhr beginnt. Ist das nicht viel zu früh, damit auch genügend Gäste kommen? Definitiv nicht, denn bereits zu Beginn war das Colos-Saal sehr gut gefüllt. Das überraschte nicht nur mich, sondern auch andere Gäste, Fotografen und sogar die Bands. Mich hat es gefreut, dass schon rund 300 Menschen den Weg zum Folk-Metal an diesem frühen Abend gefunden hatten.

Kurz noch eine Randnotiz, die irgendwie amüsant war, denn zuvor war ich noch eine Kleinigkeit essen gewesen. Ein türkisches Restaurant hat in der Nähe durchaus leckeres Essen und da fielen mir zwei Gäste auf, die sich etwas mitgenommen haben. Sie sahen so gar nicht aus, wie der Standardgast in einer Dönerbude und mein Bekannter, als auch ich, lagen mit der Vermutung richtig, dass es sich um zwei Bandmitglieder von Korpiklaani gehandelt hat, wie wir später anhand der Kleidung und Haarprachten bestätigen konnten.

Aber zurück zum Geschehen im Colos-Saal, denn es ging pünktlich um 18 Uhr los. Die Norweger Trollfest läuteten den Abend auf der Bühne mit vielen bunten Luftballons und lustigen Hüten ein. Dass es bei ihren Songs um Spaß, um Feiern und um Trinken geht, kann man nur erahnen, sofern man die bunt gemischte Trollsprache denn versteht. Es ist eine Mischung aus skandinavischen Sprachen und sogar Teilen der deutschen Sprache.

Sie versprühen auf der Bühne Lust und Freude an ihrer Musik und machen auch absolut nicht davor Halt direkt mit dem Publikum zu interagieren. Nicht nur das Mitklatschen, der Fauststoß und das einfache Mitsingen einiger Textpassagen wurde gefordert, nein es gab auch die frühe Aufforderung zu einem Circle / Moshpit, sowie zu einer Polonaise, die vom Bassisten angeführt wurde.

Musikalisch bewegen sie sich im klassischen Folk Metal, gespickt mit Akkordeon und Saxophon, sowie einer zusätzlichen Trommel, die vom Sänger Jostein Austvik ausgiebig genutzt wurde. Dass diese Art der Musik in Verbindung mit den vielen Interaktionen mit den Fans richtig gut ankam, war deutlich bei den Anwesenden zu erkennen. Es wurde viel mitgemacht und ich sah sehr viele fröhliche Gesichter, denn die Art und Weise, wie zum Mitmachen aufgefordert wurde, war durchaus lustig.

So war es kein Wunder, dass die 45 Minuten des Auftritts von Trollfest einfach verflogen sind und man sich wundern musste, dass die Zeit dieser Band schon rum gewesen sein sollte. Aber so war es leider. Mit ihrem Auftritt haben sie die Messlatte noch vor 19 Uhr in Sachen Spaß und Party sehr hoch gelegt.

Die Pause war nicht besonders lang, was auch kaum verwunderlich ist bei vier Bands an einem Abend. Die Mitglieder der niederländischen Band Heidevolk kamen auch zügig auf die Bühne und mussten sich der Messlatte, die von Trollfest gesetzt wurde, stellen. Ihr Musikstil gehört zwar auch zum Folk Metal, beinhaltet aber große Einflüsse des Pagan Metals, welcher eine besondere Note in die Musik einbringt. Auch beim Gesang gibt es einen großen Unterschied zu Trollfest, denn Heidevolk haben gleich zwei Sänger. Man kann sie sehr gut voneinander unterscheiden, obwohl beide eine kraftvolle Stimme besitzen.

Dass der Pagan Metal im Vergleich zum klassischen Folk Metal eine etwas härtere musikalische Gangart hat, wird bei der Interpretation durch Heidevolk klar. An die Party- und Feierstimmung von Trollfest kamen sie zwar nicht heran, aber auch sie wissen, wie man mit dem Publikum umgehen muss, damit dieses mitmacht. Und genau das haben sie auch geschafft. Mitklatschen und den Fauststoß konnten sie sehr leicht aus den mitmachfreudigen Fans herauskitzeln. Aber es wurde auch gepogt und eine weitere Pit entstand in den Reihen der Gäste. Das Verlangen zum Headbangen war überall gegeben: ob auf der Bühne, oder bei den Gästen und Fans, überall waren sie zu sehen, die herumwirbelnden Haare. Im Colos-Saal muss ich wenigstens nicht so viel Sorge haben, dass ich hiervon erschlagen werden könnte.

Die Band hatte rund eine Stunde Zeit den Gästen weiter einzuheizen und ihre Lust an der Musik zu zeigen. Dabei war auffallend, dass die älteren Songs, welche eher gegen Ende ihres Sets gespielt wurden, für mehr Stimmung sorgten. Mit Saksenland und Vulgaris Magistralis ging der Stimmungspegel wieder nach oben und bescherte der Gruppe einen wirklich gelungenen Abschluss ihres Auftritts.

Wichtig ist auch zu sagen, dass über den ganzen Abend hinweg die Akustik und Tonabstimmung sehr gelungen war, was die Auftritte aller Bands um ein Vielfaches schöner machte. Daumen hoch hierfür!

Erneut eine kurze Pause, die mit schnellen Arbeiten auf der Bühne einherging. Für Arkona mussten ein paar Besonderheiten aufgebaut werden. Kaum war dies geschafft, dauerte es nicht lange, bis die russische Band auf die Bühne kam. Wobei das nicht ganz der Wahrheit entspricht, denn zuerst kam lediglich Sängerin Maria Archipova auf die Bühne, um den Auftritt ihrer Gruppe einzuläuten.

Es wurde nun anders mit Arkona. Zwar spielen auch sie Folk Metal, ebenfalls mit großen Einflüssen des Pagan Metals, aber durch den überwiegend gutturalen Gesang von Maria und der stellenweisen noch härteren musikalischen Gangart ist auch eine Anlehnung an den Black Metal gegeben. Mal ruhiger, mal schneller, mal härter und mal sanfter. So lässt sich der Auftritt der Band gut beschreiben. Maria beherrscht die unterschiedlichen Gesangslagen sehr gut und ich fand es sehr beeindruckend wie schnell sie zwischen sanftem Gesang in den gutturalen wechseln konnte.

Mir persönlich haben Arkona durchaus gut gefallen, kannte ich den Musikstil bereits vorher sehr gut. Es war aber zu bemerken, dass die gesamte Stimmung während des Auftritts unter den Gästen etwas verhaltener geworden war. Es ist natürlich die sprachliche Barriere, die zwischen der Band und den Gästen stand. Schließlich spricht nicht jeder fließend Russisch. Zugegeben, das gleiche gilt auch für niederländisch oder jede skandinavische Sprache. Jedoch ist die Musik, welche sich nun mal nahe am Black Metal aufhalten kann, eher nur schwierig als Party- bzw. Feiermusik zu verkaufen.

Dennoch war es interessant zu beobachten, dass bei Arkona auch sehr klassische Instrumente zu finden gewesen sind. Flöten, Dudelsack und auch eine Balaleika fehlten nicht. Diese Instrumente konnten die Härte der Musik, und des Gesangs, immer wieder etwas abfangen und entkräften.

Das wiederum schien beim Publikum gut anzukommen und es gab viel Applaus für die Band, schließlich war der Auftritt keineswegs schlecht, im Gegenteil. Nur eben weniger für Partystimmung geeignet. Dennoch gab es häufig das Mitklatschen und den Fauststoß mit „Hey“, der von Maria häufig eingefordert wurde. Das fand durchaus Anklang bei den Fans, die sichtlich froh darüber waren, dass sie aktiv mitmachen konnten. So vergingen die rund 75 Minuten des Auftritts ebenso schnell, wie bei den Bands zuvor.

Nach Arkona gab es eine etwas längere Pause, da nun auch das Schlagzeug, welches von allen drei Bands zuvor genutzt wurde, ausgewechselt wurde. Der Auftritt der Finnen stand nun auf dem Programm und die vielen Gäste freuten sich schon sehr darauf. Bereits am Einlass hatte ich ein paar Finnisch sprechende Menschen gesehen und gehört und natürlich nicht verstanden. Was soll‘s?! Geht es nicht darum Musik zu hören und Spaß zu haben? Genau darum geht es.

Applaus und Jubel, denn der „Klan der Wildnis“, was „Korpiklaani“ sinngemäß übersetzt bedeutet, betraten die Bühne und begannen ihr spätabendliches Feierprogramm aufzuführen. Warum Feierprogramm? Nun, bei Korpiklaani ist es so, dass ihre Texte von der Natur, vom Feiern und auch vom Alkohol handeln. Deswegen gibt es manche Songs, die Vodka oder Tequila heißen.

Die meisten Texte sind Finnisch, aber es gibt auch zahlreiche Songs auf Englisch, was das Mitsingen und Verstehen doch sehr vereinfacht. Wobei, ganz ehrlich, durch den musikalischen Stil, der vorwiegend dem klassischen Folk Metal gewidmet ist, braucht man meines Erachtens nach nicht wirklich etwas verstehen, um ausgelassen mitfeiern zu können. Die Band versprüht von der Bühne aus Spaß und Freude, was insbesondere durch Jonne Järvelä perfekt zur Geltung kommt.

Die Musik wird zum großen Teil auch vom Humppa beeinflusst, was auf den ersten Blick irritierend sein kann, denn viele Songs klingen ähnlich dadurch. Dennoch sind sie unterschiedlich und erwecken auch zu keinem Zeitpunkt Langeweile. Dafür sorgen die Musiker auf der Bühne, die zum Mitmachen und Mitsingen animieren, was bei den einfacheren Songs problemfrei funktioniert. Insbesondere beim Song „Vodka“ war das Mitsingen bei exakt diesem Wort wirklich laut, aber auch bei „man with a plan“ zuvor, konnte man sehen, dass die Fans auf der Höhe waren.

So rannte die Zeit von Song zu Song davon. Die gute Stimmung vom Beginn des Abends war wieder ganz da und durchaus noch präsenter, da ausgelassener gefeiert wurde. Das mag mitunter auch an der späten Stunde und vielen Litern Bier gelegen haben, aber dennoch ging es ganz gesittet zu. Es wurde auch wieder gepogt und eine Pit gab es auch wieder. Diese Dinge sind doch immer wieder schön anzusehen, auch wenn ich mich selbst nicht daran beteilige.

Fast 90 Minuten, inklusive der geforderten Zugabe, die Korpiklaani auch gaben, waren sie auf der Bühne und bildeten den absolut gelungenen Abschluss eines Abends, der mit Partystimmung begann und so auch wieder endete.

 

Bericht und Foto: Patrick Gawlik