Ganze 5 1/2 Jahre liegen zwischen der letzten Kettcar Veröffentlichung „Zwischen den Runden“ und dem neuem Album „Ich vs. Wir“, das Ende 2017 veröffentlicht wurde und auf der aktuellen Tour der Hamburger Indiepop Band quer durch die Republik ausreichend gewürdigt wird. Sorgen, dass sich diese lange Pause negativ auf die Anziehungskraft der Band ausgewirkt haben könnte, erwiesen sich in Köln als unbegründet. Ganz im Gegenteil: Der Auftritt im ausverkauften Kölner Palladium war tatsächlich der größte Clubgig, den Kettcar im Laufe ihrer 16jährigen Karriere performt haben.
Beginnen wir chronologisch mit dem Support Fortuna Ehrenfeld. Das Kölner Trio um Bandkopf Martin Bechler gehört zum Label Grand Hotel van Cleef, bekam sicher auch aus diesem Grund den Slot der Vorband. Pünktlich um 20 Uhr ließ es sich Kettcar Frontmann Marcus Wiebusch nicht nehmen, die junge Band persönlich anzukündigen. Das ließ einiges erwarten, was sich aber nicht bestätigen sollte. Kurz und schmerzlos: Die Musik des Trios, die man irgendwo zwischen Pop, Indie, Chanson und Elektro verorten mag, konnte den Rezensenten nicht überzeugen, kam aber in der ausverkauften Halle gar nicht mal so schlecht an.
Bühne frei für Kettcar! Ganz einheitlich in dunklen Klamotten enterten die fünf Hamburger nach der obligatorischen Umbaupause die Bühne und begannen ihr Set mit ‚Trostbrücke Süd‘ vom neuen Album. Sicher standen generell die neuen Songs im Vordergrund, die 21 Song starke Setlist, die auf der Tour offenbar konsequent durchgezogen wird, bediente sich allerdings munter aus allen Alben der Band. So folgten direkt im Anschluss ‚Balkon Gegenüber‘ und ‚Graceland‘. Dabei war es eigentlich egal, welcher Song denn gerade performt wurde: Die Stimmung war vom ersten Ton an prächtig und blieb auf konstant hohem Niveau, bis schließlich ‚Den Revolver entsichern‘ den Konzertabend abschloss.
Zwischen den Songs machte in der ersten Konzerthälfte vor allem Marcus Wiebusch hin und wieder kurze, lustige Ansagen. Je fortgeschrittener der Abend wurde, desto redseliger wurde Bassist Reimer Bustorff. Nach und nach übernahm er die Ansagen, sorgte für einige Lacher. Und er war es auch, der das Publikum darüber aufklärte, dass man ja eigentlich im E-Werk gegenüber auftreten wollte. Aber Karneval sei Dank war das schon vermietet und so musste man in das größere Palladium umziehen. Dass sie letzten Endes hier den hinteren Teil nicht abhängen mussten, sondern vielmehr die Halle ausverkauft bekommen haben, was letztlich im größten Kettcar Gig ever münden sollte, das hatte man im Vorfeld nicht geahnt.
Im Rahmen der ersten Zugabe spielten Kettcar mit ‚Der Tag wird kommen‘ schließlich auch einen Track, den Marcus Wiebisch in der Kettcar Pause solo veröffentlicht hat. Hier bat er dann auch darum, ab dem zweiten Refrain zum Hip Hop ähnlichen Sound entsprechende Armbewegungen zu machen – eine im Kettcar Universum eher ungewöhnliche Bitte, wie er wohl zugab. Sei’s drum, 4.000 Arme bewegten sich fortan zum Refrain.
Die vielleicht wichtigste Pop Band im deutschsprachigen Raum überzeugte vollends bei ihrem Comeback in Köln. Ja, Kettcar sind zurück. Bleibt zu hoffen, dass die Hamburger am Ball bleiben und es nicht wieder so lange dauert, bis sie sich blicken lassen. In Zeiten wie diesen braucht es Marcus Wiebusch und Co. mehr denn je zuvor.
Bericht und Fotos: André Wilms